Der blinde Engel

Dieser Engel nimmt eine Botschaft auf. Engel geben nicht nur eine Botschaft, sondern sie werden selbst zur Botschaft. Ich schreibe dies mit tiefer Überzeugung. Eine meiner Aufgaben ist es, die Propheten zu urteilen, und ich nehme das nicht auf die leichte Schulter. Ich bin vorsichtig, denn ich weiß, dass ich alles, was aus meinem Mund bezüglich des Urteils kommt, mit ihnen durchgehen muss. Wenn ihr euch selbst für einen Propheten haltet, lest dies und tretet dann vor den Herrn. Wenn ihr es nicht seid, betet bitte für uns.

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Da erschien ein Engel vor mir. Er war mir fremd. Er trug graue Federn als Gewand. Er wirkte welk, als ob er im Sterben läge. Ein einziges braunes Tuch war um seinen Kopf gewickelt und bedeckte die Stelle, wo seine Augen waren. Als er auf mich zustolperte, machte ich mir Gedanken darüber, um welchen Geist es sich handelte. Ich heiße keine Geister willkommen, die nicht dem Herrn dienen. Als ich sah, wie dieser Engel in meine Arme stolperte, hob er langsam seinen Kopf und tastete nach meinem Gesicht. Er berührte kurz meine Lippen und lächelte.

"Kennst du nicht die Geschichte von dem Blinden, der unseren Herrn um Gnade anflehte? Wie sie durch die Dunkelheit stolpern. Oh, das Grau ist gekommen. Das farblose Reich derer, die das Reich Gottes, das hier ist, leugnen." Die Stimme des Engels überschlug sich vor Ergriffenheit.

Der Engel stand auf und fuhr fort, mein Gesicht abzutasten. "Was geschehen muss, ist, dass ihre Augen wieder geöffnet werden. Die Kirche hat sich an die Propheten geklammert wie an einen Gehstock."

Plötzlich hatte ich das Gefühl, meine Hände auf den Engel zu legen und dafür zu beten, dass ihm die Augen geöffnet werden. Als ich das tat, seufzte der Engel und sagte: "Satan hat sein Augenlicht schon vor langer Zeit verloren; sein Stolz hat ihn blind gemacht, und seine Gier hat ihn verkrüppelt."

Ich nahm die Augenbinde ab, und die Augen des Engels erschienen mit einer goldenen Aura. Er lächelte und sagte: "Solange du Ihn siehst, kannst du gehen und stolperst nicht. Ist Christus, das lebendige Wort, nicht eine Leuchte für deine Füße? Ist Er nicht das Licht in deinen Augen?"

Als das Leben in ihn zurückkehrte, färbten sich die Federn des Engels in eine satte Bernsteinfarbe. Er reichte mir seinen Gehstock und sagte: "Ich brauche ihn nicht mehr.”

Unsicher, was da geschah, fragte ich: "Dienst du Gott?"

Der Engel fragte: "Du prüfst mich? Aber ihr seid diejenigen, die jetzt geprüft werden. Die Propheten eurer Zeit werden geprüft wie die Geister der verborgenen Welt. Micah, dienst du Gott, oder dienst du dir selbst? Willst du ein Gehstock für die Blinden sein oder ihre Augen öffnen, damit sie ihn sehen können? Du wirst getestet."

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